Politisches & Berichte

Maybrit Illner vom 14.01.2021: Im Labyrinth der Ahnungslosigkeit

Der seit Mitte Dezember geltende Lockdown in Deutschland zeigt nicht die positiven Effekte auf Infektions- und Todeszahlen, wie es die politischen Verantwortungsträger erhofft hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant deshalb kommende Woche Dienstag die nächste Ministerpräsidentenkonferenz, um weitreichendere Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus zu beschließen. Insbesondere die neue Corona-Mutation soll der Kanzlerin Sorge bereiten.

Passend zu dieser Lage lud ZDF-Moderatorin Maybrit Illner am Donnerstagabend in ihre Sendung ein und diskutierte mit ihren Gästen: “Langsames Impfen, schnelles Virus – droht der lange Winter-Shutdown?”

Im Studio Platz nahmen der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der Comedian und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen sowie Claudia Kade, Ressortleiterin des Bereichs Politik im Nachrichtenmagazin Welt. Zugeschaltet waren außerdem der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und Dr. Eva Hummers, die Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin in Göttingen.

Schon die Besetzung des ZDF-Talks versprach ein Aktionismus-Spektakel der feinsten Sorte. Die Zuschauer sollten nicht enttäuscht werden. Statt stringenter Lösungsansätze und langfristiger Strategien verbreiteten Spahn und Co. Angst und bereiteten die Bevölkerung auf einschneidendere Maßnahmen vor.

Zwischen Virusmutation und europäischem Vorgehen

Schon der Eingangsfilm deutete auf den bedrohlichen Unterton der Sendung hin. Mit Krimimusik unterlegt wurde die neue Virusmutation vorgestellt, die Angriffe der SPD-Führung auf glichen in ihrer Darstellung der bekannten Netflixserie House of Cards.

Als erster Gast kam anschließend Michael Kretschmer zu Wort, der zuerst den harten Lockdown im Freistaat rechtfertigte und auf weitreichendere Maßnahmen nach der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz hindeutete. Karl Lauterbach thematisierte folgend die neue Virusmutation und sah in der Veränderung gar das Aufkommen einer neuen Pandemie. Die Lockdown-Maßnahmen benannte er als zu schwach, fürchtete höhere Todeszahlen und wies auf eine nötige Impfbereitschaft der Deutschen hin. Leichte Kritik übte der 57-Jährige an der Einkaufspolitik der Europäischen Union.

Nachdem Eckart von Hirschhausen, Eva Hummers und Claudia Kade über die Bereitschaft zur Impfung und den holprigen Start der Kampagne sprachen, kam zum ersten Mal Gesundheitsminister Jens Spahn zu Wort. Der 40-Jährige kündigte umfangreichere Genom-Sequenzierungen an und rechtfertigte den harten Lockdown, um die Ausbreitung und Verteilung des Virus zu verhindern. Kritik zum schleppenden Impfstart wies Spahn von sich: Die Knappheit zu Beginn sei „klar“ gewesen. Dabei verwies der Gesundheitsminister auf die fehlenden Kapazitäten der Impfhersteller, wobei er gleichzeitig die mühsame Zusammenarbeit in der Europäischen Union zugeben musste. Der europäische Weg sei trotzdem der richtige. Anschließend verlies der CDU-Minister die Runde.

Autoritäre Rhetorik: Der falsche Weg

Der zweite Teil der Sendung begann mit einem Appell des sächsischen Ministerpräsidenten. Der 45-jährige Kretschmer sprach von einer „Bedrohung, die auf uns zukommt“. Die bisherigen Maßnahmen müssten überprüft und nachschärft werden. Im Anschluss verneinten Kretschmer und Hirschhausen die von Markus Söder (CSU) vorgeschlagene Impfpflicht für das Pflegepersonal. Diese sei nicht zielführend und würde die Menschen abschrecken. Trotzdem seien umfangreiche Impfungen erwünscht und seien ein sozialer Akt. An einer Stelle verwies Hirschhausen für eine verbesserte Aufklärung dabei auf die Seite des „Volksverpetzer“, der eher für linke Hetze als wissenschaftlich fundierte Aussagen bekannt ist.

Sehr interessant zeigte sich der nächste Beitrag der Welt-Journalistin Kade, die die „autoritäre Rhetorik“ in der Krisenzeit von Kretschmer und Söder kritisierte. Ebenso sprach sich die Ressortleiterin Politik gegen die neu geplante Maßnahme aus, den öffentlichen Nahverkehr einzuschränken. Weit sinnvoller sei es, mehr Züge und Busse zur Verfügung zu stellen. Eckart von Hirschhausen verwies anschließend auf die Klimakrise, die ebenso zu bekämpfen sei.

Lauterbachs Panik- Appell

Zum Ende der Sendung verbreitete Karl Lauterbach seine schon aus vorherigen Fernsehauftritten bekannte Panik und Angst vor dem Virus. Falls die Corona-Welle durch weitere Restriktionen nicht gestoppt werden könne, „dann kommen wir so schnell aus dem Lockdown gar nicht mehr raus.“ Durch einen „extrem harten Lockdown“ und „Hartes Durchgreifen“ sei dies zu verhindern Bei einer guten Erklärung würden die Menschen die Maßnahmen tolerieren, so der Sozialdemokrat.

Widerstand gab es vom sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer, der zuerst die 15-Kilometer-Regel verteidigte, anschließend Lauterbachs Vorschlag entschieden ablehnte. Bei Fabrik- und Unternehmensschließungen sei die deutsche Volkswirtschaft am Ende, ein Denken in Extrempositionen nicht angebracht. Auch Eva Hummers, die den letzten Redebeitrag der Sendung brachte, zweifelte an der Forderung Lauterbachs.

Lockdown, Lockdown, Lockdown – keine Strategie

Leider hat auch die ZDF-Runde gezeigt, dass gezielte Strategien und eine stringente Corona-Politik in weite Ferne gerückt sind. Stattdessen bereiten die politischen Verantwortungsträger die Bevölkerung auf einen noch härteren Lockdown vor, der weitreichend in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger eingreifen wird. Zu den problematischen Verhältnissen in den Pflegeheimen konnte keiner der anwesenden Gäste eine umsetzbare Lösung präsentieren. Dies ist ein Armutszeugnis nach knapp einem Jahr Corona-Virus.

TM

Maybrit Illner vom 14.01.2021: Im Labyrinth der Ahnungslosigkeit Zuletzt aktualisiert: 15.01.2021 von Team Münzenmaier
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Team Münzenmaier

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