Krankenkassen: Explodiert jetzt der Zusatzbeitrag wegen Corona?

Krankenkassen: Explodiert jetzt der Zusatzbeitrag wegen Corona?

Gastbeitrag von Robin Classen.

Unter Kurzarbeit und den enormen Herausforderungen im Gesundheitssystem während der Corona-Pandemie, die von Intensivbetten über Massentests bis hin zu absehbaren Massenimpfungen gehen, leiden still und heimlich die Krankenkassen. Dort blickt man trotz einem durch zwangsweise verschobene Operationen und politische Tricksereien erwirtschafteten Überschuss im zweiten Quartal unsicheren Zeiten entgegen.

Teure Tests und geplünderte Liquiditätsreserven

So wurden die mehreren Milliarden Euro für vorsorglich freigehaltene Klinikbetten aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds aufgebracht – also jedem Fonds, über den die Versichertenbeiträge an die verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen verteilt werden. Diese Reserve schmilzt in Anbetracht von durch Kurzarbeit – und womöglich bald auch durch steigende Arbeitslosigkeit – sinkenden Krankenkassenbeiträgen dahin. Und auch wer für die zahlreichen Corona-Tests aufkommt, ist letzten Endes noch nicht ausgemacht. Weitere Steuermittel für den Gesundheitsfonds sind zwar angedacht, aber da die Anzahl der in den nächsten Wochen und Monaten noch durchzuführenden Tests noch nicht feststeht, sind die Kosten auch noch nicht absehbar. Schon die Laboruntersuchung kostet laut Techniker Krankenkasse pro Test knapp 40 Euro.

Scholz revidiert Spahns Versprechungen – am Ende zahlt der Versicherte

Und langsam wird auch das Steuergeld knapp: Verkündete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Anfang September noch das prognostizierte GKV-Defizit von 16 Milliarden Euro für 2021 würde über einen Bundeszuschuss finanziert, war nach Rücksprache mit Finanzminister Scholz diese Zusage schon Mitte des Monats wieder obsolet. Nun soll der Bundeszuschuss nur noch fünf Milliarden Euro betragen. Acht Milliarden Euro sollen dadurch zusammenkommen, dass reichere Kassen ihre Rücklagen an den Gesundheitsfonds abliefern müssen – eine faktische Enteignung der Versicherten, wie Detlef Spangenberg (MdB, AfD) im Bundestag zurecht anmerkte. Weitere drei Milliarden Euro sollen die Versicherten direkt über den Zusatzbeitrag beisteuern.

Verdoppelt sich der Zusatzbeitrag in den nächsten Jahren?

Schon im Mai läuteten hinsichtlich des Zusatzbeitrages beim GKV-Spitzenverband die Alarmglocken: Ohne Steuerzuschüsse müsse sich der vom Arbeitnehmer zu tragende Zusatzbeitrag 2021 verdoppeln, hieß es. Mittlerweile ist klar, dass es Steuerzuschüsse gibt – allerdings war ein neuer Corona-Ausbruch im Herbst und Winter des Jahres im Mai noch gar nicht absehbar und wurde eher als pessimistisches Horrorszenario gehandelt. Wenn nun der zweite Lockdown von der Bundesregierung ausgerufen wird, dürfte sich die Lage jedenfalls in einigen Branchen nochmals drastisch verschärfen. Krankenkassenfunktionäre wie Reinhard Brücker (Vorstandsvorsitzender der Viactiv Krankenkasse) orakeln schon, dass sich die im Juni ausgesprochene Garantie der Bundesregierung, dass die Sozialabgaben nicht über 40 Prozent steigen sollen, so wohl nicht wird halten lassen.

Größere Gefahren als Corona klopfen schon an die Tür

Es droht mithin das Szenario rapider Neuverschuldung, ausfallender Steuereinnahmen, steigender Sozialabgaben für diejenigen, die noch Arbeit haben und einem überlasteten Gesundheitssystem mit geschwächten Krankenkassen als Resultat einer Politik, die im Lichte einer allenfalls mittelmäßigen Gesundheitsgefahr durch einen neuen Virustypus alle anderen, weit größeren Gefahren hinten anstellt.

Krankenkassen: Explodiert jetzt der Zusatzbeitrag wegen Corona? Zuletzt aktualisiert: 01.07.2021 von Team Münzenmaier