Die CDU Deutschlands nannte es auf ihrem Twitteraccount einen Durchbruch. Die SPD-Fraktion im deutschen Bundestag erwähnte diesen angeblichen Durchbruch auf ihren Social-Media-Kanälen nicht einmal. Nach jahrelangem Stillstand haben sich die Groko-Parteien laut zahlreicher Medienberichte Dienstag-Nacht auf einen Kompromiss zur geforderten Wahlrechtsreform durchgerungen. In den letzten Jahren war es aufgrund von Überhangs- und Ausgleichsmandaten zu einem kontinuierlichen Anwachsen des deutschen Bundestages gekommen und ein viel zitiertes „Bläh-Parlament“ entstanden. Statt wie vorgesehen 598 Abgeordnete befinden sich derzeit 709 Volksvertreter im höchsten Haus der Bundesrepublik, was allen voran eine immense Belastung für den deutschen Steuerzahler bedeutet: Circa 750.000 Euro im Jahr kostet jeder zusätzliche Abgeordnete, deren Mitarbeiter und der aufkommende Verwaltungsaufwand jährlich. Der angebliche „Durchbruch“ der CDU und der SPD ändert daran überhaupt nichts. Ein weit einfacher umzusetzender Vorschlag der AfD-Fraktion wurde in der Problematik jahrelang ignoriert.
Das Grundproblem
Ein Deutschland herrscht ein personalisiertes Verhältniswahlrecht, also ein Mix aus Direkt- und Verhältniswahl. Sog. Überhangmandate spielen hierbei eine gewichtige Rolle: Falls eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnisses zustehen, entstehen die genannten Überhänge. Diese Überhänge bedeuten weitere zusätzliche Mandate, allen voran für die Union, welche oftmals zahlreiche Wahlkreise für sich gewinnen kann. Da das Verhältnis des Zweitstimmenergebnis jedoch auch bei der Sitzverteilung im Bundestag berücksichtigt werden muss und die Union und teilweise die SPD massiv von Extra-Mandaten profitieren, erhalten alle anderen Parteien sogenannte Ausgleichsmandate, um keine Nachteile aus den Überhängen zu erfahren. Dies ist seit einer Wahlrechtsreform aus dem Jahr 2013 der Fall. Durch diese Praxis der Überhangs- und Ausgleichsmandate stieg die Größe des Bundestages enorm an und erreichte nach der Bundestagswahl 2017 eine völlig ausufernde Dimension. Daher wurde die Große Koalition von führenden Stellen gebeten, eine Wahlrechtsreform zu verabschieden und ein weiteres Anwachsen des Repräsentantenhauses zu verhindern.
Die unkomplizierte AfD-Lösung
Die Alternative für Deutschland ist mit ihrer sehr pragmatischen Lösung medial leider komplett ignoriert worden. Dabei hat die Fraktion im deutschen Bundestag ein Modell präsentiert, was die Größe von 598 Abgeordneten im Bundestag in einer Legislatur zwingend garantiert. Erreicht werden soll dies über eine Verzahnung der Direktmandate mit dem Zweitstimmenanteil der Parteien im jeweiligen Bundesland. Konkret bedeutet dies, dass die schwächsten Wahlkreissieger der Bundesländer kein Mandat erhalten, wenn sie weit unter dem Zweitstimmenanteil der eigenen Partei liegen.
Die Union und hier allen voran die CSU, wehrte sich enorm gegen den Vorschlag und sprach von einer verfassungswidrigen Praxis, da gewählte Kreissieger nicht in den Bundestag einziehen dürften. Dieses Modell der Kappung der schwächsten Sieger kam jedoch schon in den 50er und 60er Jahren bei den Landtagswahlen in Bayern zur Anwendung und hat bis heute Spuren im dortigen Wahlrecht hinterlassen: Falls ein Kandidat im Freistaat ein Direktmandat erringt, die Gesamtpartei jedoch unter der für den parlamentarischen Einzug notwendigen Fünf-Prozent-Hürde landet, erhält der Kandidat keinen Sitz im bayrischen Landtag. Gerade die CSU sollte daher nicht zu sehr auf die Verbindung zwischen Verfassung und Direktmandat pochen.
Das lächerliche Groko-Reförmchen
Statt parteipolitische Streitigkeiten zur Seite zu schieben und die unkomplizierte AfD-Lösung aufzugreifen, hat sich die Koalition aus Union und SPD nun auf eine Reform geeinigt, welche diesen Namen keinesfalls verdient. Aller Voraussicht nach wird das Parlament auch nach der Bundestagswahl 2021 nicht kleiner werden, sondern nur nicht noch weiter anwachsen. Doch auch dies ist keinesfalls sicher.
Einzig auf zwei Komponenten konnten sich die Groko-Partner einigen: Als erste beschlossene Maßnahme werden in Zukunft Überhangs- und Listenmandate einer Partei durch ein geändertes Zuteilungsverfahren miteinander verrechnet, trotz dieser Verrechnung die Sitzverteilung soll jedoch eine föderale Ausgewogenheit gewährleistet bleiben. Das klingt kompliziert? Ist es auch. Denn die vorgenommenen Schritte blockieren sich gegenseitig. Allen voran die CSU profitiert von dieser Lösung, da sie nur in Bayern zur Wahl antritt und keine Verrechnung mit Listen aus anderen Bundesländern zu befürchten hat. Eine Lösung, welche nach Expertenmeinung kaum Einsparungen bringen dürfte.
Als zweite Reformmaßnahme hat die CDU durchdrücken können, dass bis zu drei Überhange nicht mehr ausgeglichen werden. Somit ist das Verhältniswahlsystem, nach welchem das tatsächliche Wahlergebnis auch die Sitze im Bundestag widerspiegeln soll, außer Kraft gesetzt. Des Weiteren ist auch hier kein wirklicher Effekt zu erwarten, da ein Überhangmandat, welches von der CDU gewonnen wird, zwei bis drei Ausgleichssitze nach sich zieht. Dementsprechend werden weiter zahlreiche zusätzliche Mandate vergeben. Optimistische Schätzungen gehen von einer Reduzierung von circa 30 Abgeordneten aus, pessimistischere Stimmen meinen, dass sich der nächste Bundestag sogar noch einmal vergrößern könnte. Da auch die Groko-Parteien von keinem wirklich spürbaren Effekt ausgehen, haben sie sich vorsorglich schon auf eine sogenannte Reformkommission verständigt, welche bis 2023 eine wirkliche Lösung aushandeln soll. Im Kern sollen die Wahlkreise von 299 auf 280 verringert werden. Allein für diese Planung plant die schwarz-rote Koalition drei Jahre ein. Das sagt vieles über den Zustand der Bundesregierung aus.
Die Wahlrechtsreform von CDU und SPD – Ein Schuss in den Ofen
Die verabschiedete Reform des Wahlrechts verdient ihren Namen nicht. Durch halbgare Kompromisse wurde ein System vorgestellt, durch welches weder die Union noch die SPD einen Nachteil erhalten und sich praktisch kaum etwas ändern wird. Mehrere Jahre wurde verhandelt, allen voran die CSU blockierte jedoch jede anständige Lösung. Der deutsche Steuerzahler wird für das Versagen von Union und SPD noch teuer bezahlen. Und dies in einer Zeit, in welcher das Geld im deutschen Mittelstand so viel besser aufgehoben wäre. Der verkündete Durchbruch durch die CDU ist in Wahrheit ein großer Witz.
TM
Von Wolfgang Kastner
Vorschlag zur Wahlrechtsreform. Vorbild: Weimarer Verfassung. (Nicht alles war dort schlecht.) Also: Wahlkreise können in beliebiger Zahl bleiben, aber Direktmandate abschaffen. Stattdessen kommen sämtliche Kandidaten einer Partei auf eine Landesliste. Die Reihenfolge bestimmen die einzelnen Landes-Parteitage. Pro 100.000 Wählerstimmen einer Partei zieht ein Kandidat dieser Partei in den Bundestag. Angenommen, es existieren bundesweit 60 Millionen Wahlberechtigte, die auch alle zur Wahl gehen, sitzen dann im Deutschen Bundestag 600 Abgeordnete. Beträgt die Wahlbeteiligung nur 75%, dann ziehen in den Bundestag eben nur 450 Abgeordnete. Reicht doch völlig aus, oder?
Von Heidi Walter
Frage: wann wurden wir von CDU/CSU, SPD und FDP nicht angelogen? Das fing schon unter Adenauer an. Die Grünen und Linken kamen zwar erst später dazu, agieren aber nach den gleichen Muster. Wie heißt es doch so schön? Wer die Wahrheit sagt braucht ein schnelles Pferd.
Von Siegfried Tutas
Ich bin der Meinung, dass es am besten wäre, überhaupt keine Parteien mehr zuzulassen, sondern nur noch direkte Kandidaten aus den Wahlkreisen zu gestatten. Und zwar nur einen pro Wahlkreis. Unabhängig von dessen Größe. Auf diese Weise wären Politiker leichter austauschbar und würden nicht mehr jahrelang ihren Hintern breit sitzen. Bei schlechter Leistung würden sie von ihren Wählern entfernt. Wenn dann der jeweilige Bundeskanzler direkt vom Parlament gewählt würde, wäre auch dieser schneller auszutauschen. Im übrigen sollte die Legislaturperiode für jeden Politiker auch für den Kanzler auf zwei Perioden beschränkt werden. Das Parteien geklüngel bringt immer wieder Probleme weil es zu große Interessengruppen gibt. Obwohl ich ein starker Befürworter der AFD bin, glaube ich trotzdem, dass es besser wäre ganz auf Parteien zu verzichten. Nach meinem Vorschlag wäre diese Horror Kanzlerin längst verschwunden und viele der hervorragenden AFD Politiker wären längst an der Regierung beteiligt. Die Minister könnten z.b. durch die Höhe der Prozente die sie erlangen bestimmt werden, wobei es da auch eine Regelung der ämter geben könnte. Ein Kanzler wäre auch nur dann ein guter Kanzler, wenn es ihm gelänge mit seinen Ministern fair und korrekt zusammen zu arbeiten. Natürlich wäre so eine Idee nicht vollständig ausgereift aber das ist ja auch nicht meine Arbeit sondern die der Politiker.