Die wohl letzte Debatte der 19. Legislaturperiode ist ein Showlaufen der Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien. Diese bieten alles auf, was sie zu bieten haben: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird ihre wohl letzte große Rede im Bundestag halten, ihr Möchtegern-Nachfolger Armin Laschet (CDU) soll die mauen Umfragewerte der Union aufpolieren. Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) und Grünen-Chefin Annalena Baerbock werden Wortbeiträge liefern. Die AfD schickt als größte Oppositionspartei ihr Spitzenduo Alice Weidel und Tino Chrupalla ins Rennen, die über die Situation in Deutschland berichten werden. Es wird ein heißer Tanz erwartet!
Die wichtigsten Reden der Debatte:
Angela Merkel (CDU): „Im Großen und Ganzen haben wir große Fortschritte gemacht.“
Angela Merkel beginnt ihren Beitrag mit einem Rundumschlag zu den letzten Wochen: Afghanistan mit einem Dank an die Soldaten und Lob für Außenminister Heiko Maas (SPD), Flutkatastrophe, Klimawandel. Danach gibt es eine Hymne des Eigenlobes auf ihre eigene Bilanz: 40 Prozent Strom käme aus erneuerbaren Energien, mit der CO2-Bepreisung sei ein marktwirtschaftliches Instrument eingeführt worden. Ein Teil der Arbeit sei gewesen, Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland herstellen. Dies sei gelungen: „Im Großen und Ganzen haben wir große Fortschritte gemacht.“
Den Versuchskaninchen-Begriff des Impfens von Olaf Scholz wiegelt Merkel im Anschluss ab. Dies nutzt die 66-Jährige für einen Impfappell: „Impfen wirkt“, Impfen brächte uns die Freiheit zurück. Im zweiten Teil wechselt Merkel dann vom Erzähl- in den Wahlkampfmodus. „Es ist nicht egal, wer dieses Land regiert.“ SPD und Grüne greift sie dabei an. Armin Laschet, sei der Mann, der mit Maß und Mitte Deutschland gut in die Zukunft führe: „Das ist genau das, was Deutschland braucht!“
Dr. Alice Weidel (AfD): „Wir sind der einzige Hippiestaat!“
Alice Weidel nutzt ihre Redezeit für eine gelungene Abrechnung einer erschütternden Regierungsbilanz und einigen Seitenhieben in Richtung der politischen Konkurrenz. Merkels Angriff auf SPD und Grüne bezeichnet die 42-Jährige als „phänomenales Schauspiel!“, die CDU habe die Linke ja erst in Thüringen mit an die Macht gehievt. Für die letzten 16 Rautenjahre findet Weidel klare Worte: Dies sei eine Zeit des sozialpolitischen Abstiegs gewesen, die Zukunft des Landes sei verschenkt worden. Die Steuerzahler seien ausgeliefert und der höchste Schuldenberg der Nachkriegsgeschichte angehäuft worden. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz attestiert die AfD-Fraktionschefin, wenig Respekt für die normalen Leute und den Mittelstand zu haben. Mit Blick auf Afghanistan verweist Weidel auf die bestehende Migrationskrise. Der Ortskräfte-Begriff werde missbraucht, um die nächste Einwanderungswelle wird ins Land zu holen. Die Energiepolitik der Bundesregierung sei zudem utopisch: „Wir sind der einzige Hippiestaat!“ Der maßlose CO2-Preis zerstöre zudem Industrie und ziehe den Bürgern das Geld aus der Tasche . Mit einem Schwenk auf die Coronapolitik endet Weidel: „Stellen sie für alle Grundrechte wieder her!“
Die Rede von Alice Weidel im Video
Olaf Scholz (SPD): „Schönen Dank für die Zusammenarbeit, Frau Dr. Merkel!“
Olaf Scholz beweist wieder einmal seine Rolle als Angela Merkel 2.0. Brav bedankt sich Scholz für die Zusammenarbeit, nennt betont staatstragend große Verantwortungsbereiche und wirbt auch brav um die Impfung. Dabei handele es sich bei den bestehenden Regeln nur um Maßnahmen der Sicherheit und keine Grundrechtseinschränkungen, so Scholz. Es folgen ein wenig Steuerpolitik und Worte zur Flut, zum Ende drei Garantien für den Zusammenhalt im Land: Kindergeld weiterentwickeln, mehr bauen, Rente verbessern. Nur zur Erinnerung: Herr Scholz ist Bundesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschland und nicht in der Opposition. Eine Zwischenfrage von Frau von Storch von der AfD lehnt Scholz ab. Natürlich endet Scholz zielgruppengerecht mit der „ganz großen Herausforderung“ Klimawandel: „Wir wollen in 25 Jahren klimaneutral werden.“
Christian Lindner (FDP): Machen wir Klimaschutz zum Leitgedanken der G7-Präsidentschaft
Christian Lindner hört am liebsten Christian Lindner reden. Das ist auch wieder heute zu merken, als der 42-Jährige mit seinem Vortrag kaum aufhören will. Das Land sei nicht in der Verfassung, die Ansprüchen genügen sollen, die Staatsaufgabe Nummer eins sei schlicht, wieder zu funktionieren. Vielfältige Kritik äußert Lindner an der Corona-Politik, die seine Partei in drei Bundesländern jedoch fleißig mittrug.
Mit einem Blick auf andere Länder in Europa resümiert der FDP-Chef, deren Bilanz nach Corona sei besser. Deutschland habe an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Anglizismen wie der „Kick-Start“ für die Wirtschaft dürfen ebenso wenig fehlen wie ein Appell zur Klimapolitik. Klares Ziel seien Null Emissionen im übernächsten Jahrzehnt: Machen wir Klimaschutz zu Leitgedanken der G7 Präsidentschaft, so Lindner, der anscheinend „neun Minuten drüber [über seiner Redezeit, d. Red.]“ sei, wie über die Außenmikrofone zu hören.
Dietmar Bartsch (Die Linke): Anbiederung für Rot-Grün-Rot
Alte sozialistische Klassiker und Werben um Rot-Grün-Rot: Dietmar Bartsch versucht sich im Themenspagat. Das Land sei im Krisenzustand, Krisen würden verwaltet, eine Unkultur der politischen Verantwortungslosigkeit sei eingekehrt. Es folgt ein linker Klassiker: Das Vermögen der reichsten Haushalte sei um die Hälfte gewachsen, so Bartsch, eine einmalige Vermögensabgabe und große Rentenreform, angemessen. Die Klimapolitik sei ineffizient und teuer, wobei die Linkspartei sogar die ehrgeizigsten Klimaziele vertritt.
Bartschs letzter Satz klingt fast schon wie ein Hilfeschrei: „Es ist gut mit der Linken zu regieren als falsch mit Lindner!“
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen): „Halb Europa brennt ab“
Annalena Baebrock setzt ihren Redeschwerpunkt natürlich auf das Kernthema der Grünen. Der Klimaschutz müsse das wichtigste Ziel der nächsten Bundesregierung sein, dabei verweist die 40-Jährige auf die Flutkatastrophen in Südwestdeutschland. An übertriebenen Sprachbildern mangelt es nicht: „Halb Europa brennt ab!“ Olaf Schol wirft sie vor, Keinen Kurs in der Klima Politik der SPD zu haben. Wenn Union und SPD weiterregieren sollten, wird es mit Klimaschutz nichts werden, so Baerbock, die im Anschluss indirekt die neue Steueranschwärz-Plattform in Baden-Württemberg verteidigt und eine „2-G-Regelung“ in sog. Corona-Hotspots befürwortet.
Es gehe um klimagerechten Wohlstand und den Zusammenhalt der Europäischen Union, erklärt die 40-Jährige am Ende.
Armin Laschet (CDU): Das waren 16 gute Jahre!
Den wohl schwächsten Beitrag leistet CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, der halbherzige Angriffe auf die Konkurrenz wagt und Kanzlerin Merkel für ihre Amtszeit lobt. „Das waren 16 gute Jahre für Deutschland“, so Laschet, Angela Merkel habe das Land gut geführt. Den Grünen und der SPD wirft Laschet vor, zwar in Bundeländern mitzuregieren, jedoch nun so zu tun, als sei die Bundesregierung am Zustand des Landes schuld: „Man kann nicht mit der Raute um die Gegend laufen und reden wie Saskia Esken!“
Kurze Sätze gibt es darüber hinaus zur Vielfalt der Gesellschaft, Klimaneutralität und Inneren Sicherheit.
Tino Chrupalla (AfD): Abrechnung mit Merkel, Wanderwitz und Laschet
„Sie haben die Kernelemente unseres Wohlstandes auf dem Jahrmarkt der Politik verkauft!“, meint Tino Chrupalla. Die Menschen vor Ort seien jedoch vergessen worden. Annalena Baerbocks Forderung nach einem Kohleausstieg 2030 sei asozial, konstatiert Chrupalla, die Merkelpolitik habe die junge Generation des Landes immer mehr von Deutschland entfernt. In der inneren Sicherheit wirft der AfD-Spitzenkandidat der Bundesregierung Versagen vor, die Spaltung der Gesellschaft in der Coronakrise sei vorangetrieben worden. Einige Sätze verliert Chrupalla noch zu Marco Wanderwitz, so abschätzig habe sich noch nie jemand über Ostdeutsche geäußert. Mutig endet der AfD-Chef: „Es lohnt sich für unsere Heimat und Bürger zu streiten.“ Die AfD vertrete auch weiterhin als einzige Partei die nationalen Interessen der Deutschen, so der 45-Jährige.
Die Rede von Tino Chrupalla im Video
Viel Show, wenig Neues: Showdown im Plenum
Die Kanzlerkandidaten nutzten die heutige Debatte im Bundestag, sich für die bevorstehende Wahl in Stellung zu bringen. Dabei ging es den Parteien viel um Klima und Wirtschaft, aber wenig um die Bürger. Einzig die Vertreter der AfD zeigten klar die Alleinstellungsmerkmale ihrer Partei auf, sich auch weiterhin für die normalen Bürger und unser Deutschland einzusetzen.
TM
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