Debatte der Woche:  Zur Lage der deutschen Intensivstationen

Debatte der Woche: Zur Lage der deutschen Intensivstationen

Das sog. „DiVi-Gate“ hat am Wochenende Deutschland beschäftigt. Prof. Dr. Schrappe legte mit weiteren Kollegen ein Papier vor, dass die Angst vor knappen Intensivkapazitäten während der Corona-Krise unbegründet gewesen sei. Schnell entbrannten wilde Diskussionen im Internet, auch zahlreiche Zeitungen berichteten darüber. Mittlerweile hat Dr. Schrappe eine korrigierte Version seines Papiers vorgelegt, wobei die zentrale Aussage die gleiche bleibt. Am heutigen Donnerstag fand auf Antrag der AfD-Fraktion eine aktuelle Stunde zur Thematik statt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sebastian Münzenmaier lieferte dabei einen starken Appell für Meinungs- und Forschungsfreiheit und forderte die Bundesregierung auf, ihre Scheuklappen-Politik zu beenden. Die Vertreter der anderen Parteien waren hauptsächlich darum bemüht, Kritik an der Corona-Politik der Regierung als Kritik an Ärzten und Pflegern darzustellen.

Sebastian Münzenmaier (AfD): „Diese Scheuklappen-Politik der Bundesregierung muss endlich ein Ende haben“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD beginnt mit einem Herodot-Zitat und leitet anschließend auf die Ereignisse des Wochenendes über. Münzenmaier erklärt, dass die Bundesregierung um Bundeskanzlerin Angela Merkel massive Grund- und Freiheitseinschränkungen über Monate mit der Gefahr überlasteter Intensivstationen gerechtfertigt hatte. Eine Bestätigung der Beobachtungen Schrappes würde also den harten Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte nachträglich die Grundlage entziehen, so der 31-Jährige weiter. Im Anschluss betont der AfD-Politiker, dass es seiner Partei nicht um eine Diskreditierung der Arbeit der Pfleger und Ärzte in Deutschland gehe, sondern um eine transparente Aufarbeitung der Erkenntnisse, beispielsweise dass einige Kliniken aus finanziellen Interessen plötzlich den Aufbau von Intensivbetten meldeten, 50.000 Euro pro neu geschaffenem Bett erhielten, diese jedoch „höchstwahrscheinlich noch in Folie eingepackt im Keller“ lagerten. Ebenso nennt Münzenmaier die Erkenntnis der Wissenschaftler, dass die Bundesregierung nach ungefähr 1,5 Jahren der Corona-Maßnahmen immer noch keine Übersicht habe, wie viele Pfleger überhaupt auf den Intensivstationen arbeiten. Nach dieser inhaltlichen Analyse klagt der Bundestagsabgeordnete im Anschluss, dass kaum eine gemeinsame Diskussion stattgefunden habe. Stattdessen seien aus Wissenschaftler „Schwurbler“ und aus Medizinern „Alu-Hüte“ gemacht worden.

„Diese Scheuklappen-Politik der Bundesregierung muss endlich ein Ende haben“, appelliert Münzenmaier und nennt einen ergebnisoffenen Austausch „immer auch eine Bereicherung für unsere Demokratie.“

Zum Ende seines Redebeitrags betont der stellvertretende Fraktionsvorsitzende die Forderung eines Corona-Untersuchungsausschuss. Die AfD-Fraktion bleibe die aufmerksame und kritische Stimme im Deutschen Bundestag, die ihren Auftrag der Regierungskontrolle ernst nehme.

Die Rede von Sebastian Münzenmaier im Video:

Lothar Riebsamen (CDU/CSU): Eine überflüssige Aktuelle Stunde

Der Unionsabgeordnete beginnt seinen Redebeitrag mit einem Zahlenpotpourri zur Corona-Zeit. Im Anschluss unterstellt Riebsamen der AfD, eine überflüssige Stunde im Bundestag gefordert zu haben. Es gehe im Moment darum, Corona zu bekämpfen und nicht um eine genaue Zahl von Intensivbetten oder weitere Daten. Im Anschluss rechtfertigt Riebsamen die Vorsichtsmaßnahmen in der Corona-Zeit und spart nicht mit Diffamierungen in Richtung der größten Oppositionspartei im Bundestag.

Andrew Ullmann (FDP): AfD gibt Verschwörungstheoretikerin Bühne im Bundestag

Die AfD gebe mit dieser aktuellen Stunde den Verschwörungstheoretikern eine Bühne im Bundestag, erklärt Andrew Ullmann von der FDP. Im Gesundheitsausschuss habe sich die AfD nicht getraut, Gesundheitsminister Spahn Fragen zu stellen, jedoch rufe sie nun zu dieser aktuellen Stunde auf. Ullmann lobt im Anschluss seinen Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten der Grünen Janosch Dahmen und wirft der AfD vor, anerkannte Studien in der Vergangenheit nie Beachtung geschenkt zu haben. Die AfD habe, ganz im Gegensatz zu seiner FDP, keine Lösungen. In einem wahren Bad an Selbstlob formuliert Ullmann, dass genau so Oppositionsarbeit gehe, wie es die Liberalen gestalten.

Sabine Dittmar (SPD): AfD will Arbeit der Mediziner diskreditieren

Sabine Dittmar von den Sozialdemokraten schlägt den vorwurfsvollsten Ton in der Debatte an. Wer rede oder argumentiere wie die AfD, habe keine Ahnung von der Realität, so Dittmar.

Die Intensivstationen in Deutschland seien zu 90 Prozent ausgelastet gewesen. Zwar nur zu 20 Prozent mit Corona-Patienten, jedoch habe in Deutschland kein Arzt entscheiden müssen, ob er einen Patienten versorge oder nicht. Eine Art Triage habe es trotzdem gegeben, da Operationen und Eingriffe verschoben werden mussten. Die 56-Jährige wirft, obwohl Sebastian Münzenmaier längst das Gegenteil sagte, der AfD vor, die Arbeit des medizinischen Personals zu diskreditieren. Zum Ende führt Dittmar aus, dass 86000 mal während der Corona-Krise um ein Leben gerungen wurde und dies kein Thema sei, um daraus parteipolitisch Kapital zu schlagen.

Harald Weinberg (Die Linke): Autorengruppe betreibt Wichtigtuerei

Harald Weinberg beginnt mit harten Vorwürfen und diskreditiert die Autorengruppe um Prof. Schrappe. Das Papier sei ein Versuch der Wichtigtuerei, eine Debatte zum Papier gänzlich unnötig. Es sei einzig ein Schlag ins Gesicht des medizinischen Personals, das wegen der Auslastung der Intensivstationen leide. In den folgenden Redeminuten scheint es Weinberg nicht für nötig zu halten, weiter zum Thema zu referieren und driftet auf die schlechten Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern ab.

Janosch Dahmen (Die Grünen): Vermeintliche Wissenschaft und politische Stimmungsmache

Den ersten Durchgang beendet Janosch Dahmen, der zuerst die Wissenschaftler lobt, die laut eigener Aussage in der Corona-Zeit zuverlässige Studien veröffentlicht hatten. Das Papier Schrappes gibt Dahmen im Anschluss das Siegel vermeintlicher Wissenschaft und politischer Stimmungsmache.

Das Verständnis zur Wissenschaft sei bei der AfD stets verwunderlich, führt der 39-Jährige weiter aus und erklärt, dass das Schrappe-Papier wissenschaftlichen Standards nicht standhalten würde. Es sei voller Unterstellungen, trotzdem mache die AfD eine politische Kampagne daraus. Dahmen schlägt anschließend in die gleiche Richtung wie Sozialdemokratin Dittmar und kritisiert, dass die Ausführungen des Papiers das Personal auf den Intensivstationen treffe.

Im zweiten Teil seiner Rede übt der Grünen-Vertreter Zahlenkritik und analysiert die Ergebnisse von Prof. Schrappe.

Moral statt Sachlichkeit

Schon im ersten Redebeitrag stellte Sebastian Münzenmaier für die AfD-Fraktion fest, dass es gerade nicht um eine Diskreditierung der Arbeit der Pfleger und Ärzte in Deutschland gehe, sondern um eine transparente Aufarbeitung der Erkenntnisse des Wissenschaftlerteams. Trotz dieser klaren Aussage versuchten allen voran SPD, Grüne und Linke, jegliche Kritik direkt zu moralisieren und als Kritik am medizinischen Fachpersonal darzustellen. Leider scheint der politischen Debatte im Bundestag Sachlichkeit und Diskussionsbereitschaft, auch bei unterschiedlichen Meinungen, abhandengekommen zu sein.

TM

Debatte der Woche: Zur Lage der deutschen Intensivstationen Zuletzt aktualisiert: 20.05.2021 von Team Münzenmaier