Arzt & Gesundheitsamtschef zerlegt Söders Corona-Kurs

Arzt & Gesundheitsamtschef zerlegt Söders Corona-Kurs

Es vergeht kein Tag, an welchem der bayrische Ministerpräsident Markus Söder nicht vor eine Fernsehkamera drängt und seinen Ruf als harten Corona-Bekämpfer inszeniert. Die Woche ist noch jung, schon bestimmten drei Aussagen aus Bayern die mediale Diskussion: Seine Forderung nach einer bundesweiten Maskenpflicht ab einem Inzidenzwert von 35 Neuerkrankten auf 100.000 Einwohner, die strittigen Thesen zum Föderalismus und der Schlagabtausch mit der FDP-Spitze um Christian Lindner.

Im Schatten der Kameras wächst der Unmut über Söders Corona Maßnahmen und gleichzeitig sein Auftreten im Stil eines vermeintlichen Volkstribuns stetig. Die Kritik kommt nicht nur von der politischen Gegenseite, sondern auch aus dem medizinischen Bereich.

Ein bemerkenswertes Interview hat Friedrich Pürner, Facharzt, Epidemiologe und Chef eines Gesundheitsamts in der Nähe von Augsburg, der Online-Plattform Merkur.de gegeben. In seinen Ausführungen zerlegt der Experte die Pandemie-Strategie des Ministerpräsidenten komplett und bezeichnet viele der verabschiedeten Maßnahmen als falsch. Ebenfalls kritisiert der Mediziner die Panikmache vonseiten der politischen Führung. Dabei ist sich Dr. med. Pürner der Brisanz seiner Aussagen bewusst und sieht seine Beamten-Karriere durchaus in Gefahr.

Das Fallzahlen-Problem

Zur Eröffnung des Gesprächs erläutert der 53-Jährige seine Gedanken über die derzeitige Fokussierung auf die bloßen Corona-Fallzahlen. Den Aktionismus in Folge von positiven Befunden lehnt Dr. med. Pürner dabei ab. Vielmehr verweist der Epidemiologe auf die Frage nach der tatsächlich krankmachenden Wirkung von Corona. Das Risiko, schwer am Covid19-Virus zu erkranken oder zu sterben, bezeichnet der Epidemiologie dabei als relativ gering. Unaufgeregt stellt der Dr. med. Pürner fest, dass Corona nicht Ebola sei.

Im Zuge der Fallzahlen-Problematik behandelt der Facharzt auch das herrschende Ampelsystem seines Bundeslandes. Die Inzidenzwert-Strategie beschreibt der Facharzt schlicht als falsch. Mit harten Worten gibt der Chef eines Gesundheitsamts den Rat, einen Blick auf die Zahl derer zu werfen, welche das Gesundheitssystem tatsächlich belasten. Nicht sinnvoll sei ein Blick auf bloße Infektionszahlen.

Söders Corona-Kurs: Das Spiel mit der Angst

Emotional leitet das Interview auf die Ängste der Menschen vor der Pandemie über. Nicht zu überlesen sind dir Vorwürfe, welche Dr. med. Pürner der Politik macht: Ängste würden nicht abgebaut, sondern eine Panik-Stimmung verbreitet. In Zuge dessen fallen die Begriffe der ständigen Überdramatisierung und des Alarmismus, wobei konkret Beispiele von verängstigten Bürgern, welche aus Angst um Quarantänemaßnahmen betteln, genannt werden. Ernüchtert endet dieser Teil des Gesprächs mit der Beobachtung, dass Vertrauen verspielt werde.

Maskenwahnsinn an den Schulen

Das Spiel mit der Angst scheint auch in bayrischen Schulen gespielt zu werden. Dr. med. Pürner beklagt den fragwürdigen Umgang mit den Kindern, welche in der Schule mit Sätzen wie „Willst du, dass Oma und Opa sterben?“ gemaßregelt werden. Ebenso hält der Epidemiologe nichts von der Maskenpflicht in Schulen. Kinder seien am Infektionsgeschehen kaum beteiligt, die Schutzwirkung der Community-Masken, welche als Solidaritätssymbol bezeichnet werden, nicht nachgewiesen. Vielmehr verweist der Facharzt auf Hygienemaßnahmen und zeitweises, aber nicht übertriebenes Lüften.

Ein maßvoller Weg

Im letzten Teil erläutert der Gesundheitsamtschef seinen Weg einer maßvollen und gemäßigten Corona-Politik. Konkret fordert Pürner weniger Dramatik und einen Lernprozess der Bevölkerung, das Virus als Risiko zu begreifen, ohne dabei das Leben komplett zurückzufahren.
Das Gespräch endet mit den schwierigen Gegensätzen zwischen Dr. med. Pürcher und den höhergestellten Dienstherren in Bayern. Möglicherweise setze er seine Beamten-Karriere aufs Spiel, eine Einladung ins Gesundheitsministerium sei schon erfolgt. Selbstbewusst stellt der Facharzt fest, dass er sich seine Meinung jedoch nicht verbieten lasse.

Mut in schweren Zeiten

Im Gegensatz zu Panikmacher und Zügel-Anzieher Markus Söder zeigen die Aussagen des Facharztes Dr. med. Pürcher eine angenehme Zuversicht und Mut. Der Experte ruft zu einem sachlichen Umgang mit der Pandemie auf und verurteilt die Panik- und Angstpolitik im Bundesland Bayern. Dabei steht allen voran der Umgang mit Kindern im Zentrum seiner Kritik. Durch seine Aussagen könnte der Epidemiologe große Probleme mit seinen Vorgesetzten bekommen. Trotz allem steht er fest für seine Meinung und Überzeugung ein.

Weniger Panik, mehr Sachlichkeit. Dies könnte ein Weg aus der Krise sein. Auch wenn es die Regierenden nicht gerne hören. Vor allem nicht Herr Söder.

TM

Arzt & Gesundheitsamtschef zerlegt Söders Corona-Kurs Zuletzt aktualisiert: 21.10.2020 von Team Münzenmaier

6 Replies to “Arzt & Gesundheitsamtschef zerlegt Söders Corona-Kurs

  • Anselm Kohn

    Von Anselm Kohn

    Es ist einerseits beruhigend zu erfahren, dass ein Gesundheitsamtsleiter Dr. Pürner, die Coolness seines Amtes hat, die Dinge durch das bewährte System der gesundheitsamtlichen Gefahrenanalyse, nüchtern zu betrachten und daraus Handeln abzuleiten.

    Auf der anderen Seite ist es ein Schock, zu erkennen, dass die übrigen 300 bis 400 (?) Gesundheitsamtsleiter, ihre fachliche und persönliche Unabhängigkeit preisgegeben haben.

    Mit Zeitversatz wird offen werden, was falsch gelaufen ist.

    Es tut mir leid, dass die sonst treuen und verlässlich verantwortungsvollen Beamten sich mit dieser Corona-Situation konfrontiert sehen müssen. – Auch für den Unterbau in den Behörden und auch für deren Familien, in deren Familiengeschichten sich über Generationen dieser letztliche Totalausfall bemerkbar machen wird.

    Die Verteidigungslinie, dass alle so gehandelt haben, weltweit, könnte nur gelten, wenn wir nicht Jahrzehnte lang aus den Machenschaften des Deutschen Reiches gelernt hätten.

    Wenn sich einzelne grade machen und weitere hinzukommen, dann kann sich alles schnell drehen.

    Liebe Gesundheitsamtsleitungen, lassen Sie den Revolutzer in Ihnen heraus!

    Für Ihren persönlichen Radar, der Ihnen ein geeignetes Zeitfenster für ein Coming Out anzeigen möge, verfolgen Sie bitte die im folgenden Beitrag erwähnten Gerichtsprozesse:

    [Aus rechtlichen Gründen, können wir keine Verlinkungen in den Kommentaren freischalten]

  • Merkwürdig

    Von Merkwürdig

    Welche der vielen Wahrheiten ist denn gemeint? Die, dass Frau Merkel ein Allien ist? Oder die, dass Alu–Hüte vor Ansteckung schützen? Oder etwa, das Trinken von Desinfektionsmittel schützt?

  • xstern

    Von xstern

    Irgendwie läuft es im Moment genau wie in dieser Geschichte und das wissen auch alle, aussprechen tun es aber nur Leute mit Mut und Charakter, den Söder sicher nicht hat:
    „Der Tod sitzt vor der Stadtmauer und wartet. Ein Gelehrter kommt vorbei, setzt sich zu ihm und fragt: „ Was tust du hier?“ Der Tod antwortet: „Ich geh jetzt in die Stadt und hole mir 100 Menschen.“ Der Gelehrte rennt in die Stadt und ruft aufgeregt: „ Der Tod wird kommen und 100 Menschen mitnehmen!“ Daraufhin rennen alle Menschen panisch in ihre Häuser und sperren sich über viele Wochen ein, 5000 Menschen sterben. Als der Gelehrte die Stadt verlässt, sitzt Der Tod immer noch dort und der Gelehrte sagt zornig: „Du wolltest 100 Menschen holen, es waren aber 5000!“ Der Tod antwortete: „Ich hab 100 geholt, Kranke und Alte, wie jede Woche. Den Rest hat die Angst geholt, für die du zuständig bist!“
    So ist es – eine echte Glanzleistung unserer Top-Elite, die komplett in den Knast gehört.

  • Team Münzenmaier

    Von Team Münzenmaier

    An einer Stelle hat sich unser Autor vertippt und “Pürcher” statt “Pürner” geschrieben. Wir haben den Fehler korrigiert.

    Mit freundlichen Grüßen

    Team Münzenmaier

  • Ulrike Wessels

    Von Ulrike Wessels

    Bravo Herr Pürner, endlich mal ein Mediziner mit Rückgrat. Denken tun ja sicher viele wie er, aber es fehlt an Mut, denn man hat ja heutzutage mit Repressalien aller Art zu tun, wenn man sich kritisch äußert. Aber wenn jemand den Anfang macht, dann werden es immer mehr, die den Mut aufbringen, sich zu äußern. Und dann gebt es schnell… das jedenfalls ist meine Hoffnung. Die Wahrheit möge endlich ans Licht kommen!!!

  • Pit

    Von Pit

    Wie heißt der Herr denn nun? Pürner oder Pürcher? Mehr Sorgfalt im Text würden sicher weniger Fragen nach der Glaubwürdigkeit entstehen lassen.

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